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1939: Der "Schalker Kreisel" wird zum Instrument der Nazis

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1939: Der "Schalker Kreisel" wird zum Instrument der Nazis

Schalke 04 war in den Dreißiger Jahren kaum zu bezwingen.

Schalke 04 war in den Dreißiger Jahren kaum zu bezwingen. imago images

Ein Finale um die deutsche Meisterschaft gegen Wien? Das klingt heutzutage befremdlich. 1938 war jedoch Österreich und später auch das Sudetenland bereits ins nationalsozialistische deutsche Reich eingegliedert worden, und so kickten neben Admira auch der Warnsdorfer FK aus dem heutigen Tschechien mit um die "Viktoria", die damalige Meister-Trophäe.

Die hatte Schalke schon 1934, 1935 und 1937 gewonnen, der "Schalker Kreisel" um Ernst Kuzorra und Fritz Szepan wirbelte in jener Dekade die Abwehrreihen ordentlich durcheinander. Die Wiener gerieten sogar in einen regelrechten Orkan: Ernst Kalwitzki - wie soll ein Ruhrpottstürmer auch sonst heißen - traf allein fünfmal gegen die überforderte Admira-Truppe.

Auch 1940 und 1942 wird Schalke Meister, doch der zweite Weltkrieg reißt die seit Jahren eingespielte Mannschaft allmählich auseinander. Namhafte Spieler wie Ala Urban und Bernhard Füller werden eingezogen und fallen an der Front. Das letzte Pflichtspiel trägt Schalke im Oktober 1944 aus. Kurz darauf ist endgültig Schluss mit Fußball. Im letzten Kriegsjahr 1945 wird kein Meister mehr gekürt.

Doch die Schalker sind nicht nur Opfer, sie sind auch Täter. S04 hatte sich während der NS-Zeit wie so viele Vereine - und nicht zuletzt der DFB selbst - instrumentalisieren lassen. Jüdische Mitglieder wurden aus dem Verein gedrängt, man betrieb Propaganda für die Hitler-Diktatur. "Schalke passt mit seinem Image als "Arbeiterverein" perfekt in die NS-Ideologie. Aufgrund der Erfolge ergeben sich zahlreiche Instrumentalisierungsmöglichkeiten durch das Regime, dem sich der Verein auch nicht entzieht bzw. entziehen kann", heißt es auf der Vereinswebsite. Auch Kuzorra und Szepan sind Mitglieder bei der NSDAP, profitieren mitunter von den Nazis.

Rein sportlich jedoch beendete der Krieg eine bemerkenswerte Ära im deutschen Fußball. Nur noch ein einziges Mal gelingt es den Knappen danach, die deutsche Meisterschaft zu erringen. 1958 reckt Kapitän Bernie Klodt die Meisterschale am Schalker Markt in den Himmel. Der Schalker Kreisel existiert aber im wahrsten Sinne nur noch auf dem Papier. Es ist der Titel der Vereinszeitung.

Christoph Laskowski

1939: Was sonst noch geschah ...

Meister: FC Schalke 04 (nach 9:0 gegen Admira Wien)

Pokalsieger: 1. FC Nürnberg (nach 2:0 gegen Waldhof Mannheim)