Olympia

Warum Stefan Kuntz Nadiem Amiri widerspricht

Ersatzkeeper Brodersen als Feldspieler bereit

Warum Kuntz Amiri widerspricht

Führungskraft Nadiem Amiri: In einem Punkt mit seinem Trainer uneins.

Führungskraft Nadiem Amiri: In einem Punkt mit seinem Trainer uneins. imago images/Sven Simon

Wie schon im ersten Spiel wurde Nadiem Amiri auch gegen Saudi Arabien seiner Rolle als Führungskraft gerecht. Der Leverkusener, der schon 2017 mit der U 21 Europameister geworden war und auch bei der Endspielteilnahme 2019 mit zur Olympia-Qualifikation beigetragen hatte, sorgte anfangs für Tempo und Struktur im deutschen Offensivspiel. Und wie schon gegen Brasilien erzielte der Leverkusener erneut das erste deutsche Tor. In der 11. Minute versenkte er eine flache Hereingabe von Cedric Teuchert mit Übersicht und Präzision im langen Eck.

Doch wie bei all seinen Kollegen machte sich auch bei Amiri im Laufe der zweiten Halbzeit der Kraftverlust immer deutlicher bemerkbar. Kein Wunder angesichts des noch unzureichenden Stands der Vorbereitung und noch deutlichen konditionellen Defiziten. Die Pässe wurden unpräziser, die Fehler häuften sich. Um Amiris Fehlpass auszubügeln, musste Amos Pieper in der letzten Linie volles Risiko gehen gegen den ansonsten durchbrechenden Salem Al-Dawsari und kam einen Tick zu spät. Schiedsrichter Victor Gomes aus Südafrika zückte zunächst die Gelbe Karte, entschied aber nach Studium der Videobilder auf Notbremse und Rot für den Bielefelder Verteidiger, der somit (mindestens) im finalen Gruppenspiel am Mittwoch gegen die Elfenbeinküste (10 Uhr MESZ) fehlen wird.

Olympia: 2. Spieltag

"Wir haben sehr stark angefangen, da hatte ich ein gutes Gefühl", doch die hartnäckigen und augenscheinlich besser vorbereiteten Saudis schlugen zurück und egalisierten. "Großen Respekt vor dem Gegner, welch super Kicker das sind, sie haben uns das Leben sehr schwer gemacht", resümierte Amiri, "wir haben einen dünnen Kader, jedes Spiel ist sehr anstrengend. Aber wie wir gekämpft haben und den Willen gezeigt haben, großen Respekt. Die anderen Teams waren im Trainingslager, wir sind erst zehn Tage zusammen und hatten gleich den stärksten Gegner im Turnier. Es braucht eben Zeit", erklärte Amiri, "jetzt müssen wir wegen Amos‘ Platzverweis wieder umstellen, aber wenn wir so auftreten, können wir das schaffen. Wenn du solche Spiele gewinnst, gibt dir das mehr Kraft, als wenn du 4:0 gewinnst."

Diesem Satz widersprach der Trainer wenig später energisch. "Nein, das bringt der Mannschaft nicht mehr", entgegnete Stefan Kuntz und flachste: "Dass Nadiem das sagt, ist mir auch klar, weil er den Katastrophenpass spielt."

Notnagel Brodersen - als Feldspieler!

Unmittelbar nach dieser Szene wechselte Kuntz in kurzer Folge dreimal – bei insgesamt vier Optionen. Und tatsächlich gelang der deutschen Mannschaft trotz Unterzahl noch der Siegtreffer. Draußen wartete nur noch der muskulär ohnehin angeschlagene Augsburger Marco Richter, den Kuntz die letzten Minuten brachte.

Oder war da doch noch jemand? In der Tat. In der 75. Minute hatte sich Ersatzkeeper Svend Brodersen zum Feldspieler umgezogen. "Er wäre einsatzberechtigt gewesen, falls etwas ganz Schlimmes passiert wäre, für den Notfall waren wir gerüstet", verriet Kuntz hinterher, "es tut mir Leid für das Team, dass wir auch in nächste Spiel nicht die maximale Zahl an Wechseln vornehmen können, weil Amos Pieper gesperrt ist." Ein versteckter, aber durchaus berechtigter Vorwurf an die mangelnde Abstellungsbereitschaft in manchem Verein. "Aber die Mannschaft zeigt, dass sie das letzte Korn gibt", so Kuntz. Auch am Mittwoch im "Endspiel" gegen die Elfenbeinküste. Mal sehen, wann sich Brodersen dann umzieht.

Michael Pfeifer