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Marvin Matip kennt beim SV Hundszell seine Grenzen

Ex-Profi ist "ein echter Gewinn" für den Klub aus der Kreisklasse

Marvin Matip beim SV Hundszell: Ein Lautsprecher, der seine Grenzen kennt

Bundesliga-Erfahrung für den SV Hundszell: Marvin Matip (hier im Trikot des FC Ingolstadt) gibt seine Kommandos jetzt in der Kreisklasse. 

Bundesliga-Erfahrung für den SV Hundszell: Marvin Matip (hier im Trikot des FC Ingolstadt) gibt seine Kommandos jetzt in der Kreisklasse.  imago/Revierfoto

"Geh' mal Bier hol'n", mit diesem Ballermann-Klassiker fügte sich neulich Marvin Matip beim Mannschaftsabend des oberbayerischen Kreisklassen-Klubs SV Ingolstadt-Hundszell gesanglich ein. Und fürwahr, Bier holen ist ab sofort erlaubt für den 36-jährigen Ex-Profi, der für den VfL Bochum, den 1. FC Köln, den Karlsruher SC und von 2010 bis 2019 für den FC Ingolstadt insgesamt 112-mal Bundesliga und 252-mal 2. Bundesliga spielte. "Marvin ist einfach ein geselliger Typ", unterstreicht sein neuer Trainer Tim Liesegang, der mit 31 Jahren übrigens ein Stück jünger als sein neuer Schützling ist.

So gesellig Matip auch ist und so gut er sich auch ins Team und in den Verein generell integriert hat, einfach nur Jux und Tollerei sind dem langjährigen Ingolstädter Profi-Kapitän allerdings fremd. "Er ist schon auch ehrgeizig, möchte jedes Spiel gewinnen", so sein Trainer, der aber betont, dass dieser Ehrgeiz immer im positiven Rahmen bleibe, es also kein Gemecker gäbe, wenn etwas mal nicht so funktioniert.

Die Ambitionen bei der selbsternannten "Macht an der Kisse" waren schon vor Matips Verpflichtung groß, nichts anderes als der Aufstieg in die Kreisliga steht schon seit Saisonbeginn auf der Agenda. Daher, das gibt Liesegang unumwunden zu, war er zunächst auch etwas skeptisch, ob der Matip-Transfer wirklich eine so gute Idee sei, denn ursprünglich wollte man beweisen, dass man auch mit der vorhandenen Mannschaft stark genug für Platz eins sei. Doch diese Zweifel sind komplett verflogen: "Marvin ist für alle Seiten ein Gewinn", sagt Liesegang.

Mit der Tür ins Haus gefallen ist Matip nicht. Bevor er am 26. September beim 7:0 beim TSV Lichtenau sein Debüt gab, schaute sich der Ex-Profi erstmal zwei Spiele von draußen an, um ein Gefühl für die neue Liga zu bekommen. Und Matips Wunsch war es auch, auf dem Platz erstmal das Spiel vor sich zu haben, also erstmal in der Abwehrzentrale zu beginnen. Perspektivisch, so Liesegang, sei ein Vorrücken auf die Sechs sehr gut denkbar, denn mit Matips in den Profijahren geschärften raschen Auffassungsgabe und seinen Fähigkeiten am Ball, lassen eine Rolle als Ballverteiler vor der Abwehr erfolgsversprechend klingen. Schon jetzt aber sind Matips Kommandos für sich betrachtet schon ein echter Mehrwert. "Solch detaillierte Anweisungen, wie und wohin man laufen soll, kriegt nicht jeder Kreisklassen-Spieler von seinem Mitspieler", erzählt Liesegang. Wohin Matip selbst laufen muss, das weiß er nur zu gut, in zwei Spielen erzielte er schon drei Tore, weil er bei Standardsituationen mit nach vorne ging und dabei oft goldrichtig stand, um den Ball per Kopf oder per Dropkick zu versenken.

Marvin gibt uns Trainern ein positives Gefühl

Tim Liesegang, Trainer des SV Ingolstadt-Hundszell

Doch was empfindet ein Kreisklasse-Trainer, wenn auf einmal ein gestandener Ex-Profi das Wort ergreift? "Marvin gibt uns Trainern ein positives Gefühl", antwortet Liesegang, denn Matip bleibt strikt in seinem Kompetenzbereich und redet den Coaches bei Themen wie der Trainingsgestaltung oder der Aufstellung nicht hinein. Dem "Donaukurier" sagte Matip vor ein paar Tagen: "Ich coache und pushe auf dem Platz meinen Nebenmann, wie ich das auch in meiner Profi-Zeit gemacht habe. Das war's. Ansonsten sollen hier Trainer und Co-Trainer die Geschichte steuern, schließlich kennen sie auch die anderen Jungs am besten."

Matip verleiht der kompletten Kreisklasse Donau/Isar 2 eine neue Strahlkraft. Nicht nur bei Heimspielen des SV Hundszell ist mehr los als früher, auch vor Auswärtsspielen des aktuellen Tabellenführers fragt der jeweilige Heimverein im Vorfeld nach, ob denn Matip spielen werde und kündigt bei einer positiven Antwort in den sozialen Netzwerken sein Kommen großflächig an. Nicht selten muss Matip rund um die Spiele Foto-Wünsche von Zuschauern erfüllen. "Doch er macht das gerne, ich habe Marvin noch nie schlecht gelaunt gesehen", erzählt Liesegang.

Matip ist übrigens nicht der einzige Spieler des SVH, der einen Bezug zum Profifußball vorweisen kann: Mittelfeldspieler Marcel Posselt ist aktuell Teammanager des Zweitligisten FC Ingolstadt, erledigt dort vor allem viele organisatorische Dinge des Spielbetriebs. Über ihn kam auch der Kontakt zu Matip zustande. Auch mit den aktuellen Zweitliga-Kickern der Schanzer ist Posselt bestens bekannt. Werden also zukünftig noch mehrere Ingolstädter Ex-Profis in Hundszell aufschlagen? Liesegang will nichts ausschließen, sagt aber mit einem Lachen: "Wir erwarten jetzt nicht, dass Marcel ständig neue Ex-Profis heranzieht." Mit Matip hat er jetzt ja schon ordentlich geliefert.

Stefan Wölfel

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