Frauen

SGS Essen: Högners Top-Talente und ein dringender Appell

Besonderer 2003er-Jahrgang bei der SGS Essen

Högners Top-Talente und ein dringender Appell

Natasha Kowalski (li.) und Laureta Elmazi (re.) sind nur zwei der sechs 2003er-Talente bei der SGS Essen.

Natasha Kowalski (li.) und Laureta Elmazi (re.) sind nur zwei der sechs 2003er-Talente bei der SGS Essen. Getty Images for DFB

Es waren vielleicht fünf Sekunden, in denen Offensivspielerin Laureta Elmazi kurzzeitig der Fokus abhandenkam. Erst stürzte sie sich ins Dribbling, verlor den Ball, dann haderte sie, schmiss die Arme in die Luft und verpasste es letztlich, Freiburgs Hasret Kayici im Mittelkreis am Chipball zu hindern. Wenige Augenblicke später erzielte Lisa Kolb das 1:0, das die SGS Essen vor ein paar Wochen nicht mehr drehen konnte.

Gewiss wäre es falsch, die dritte und bislang letzte Saisonniederlage an dieser einen Szene und Elmazi festzumachen. Jene kurze Unachtsamkeit trug allerdings ihren Teil dazu bei, dass das auf Rang 5 platzierte Überraschungsteam des ersten Saisonhalbjahres zur Abwechslung mal mit leeren Händen dastand und sich über sich selbst ärgern musste.

"Da bringt sie sich und das Team unnötigerweise in die Bredouille, schaltet kurz ab. Dabei hat sie ein top Zweikampfverhalten, kann ihren Körper gut einsetzen", sagt Trainer Markus Högner im Gespräch mit dem kicker. "Die Sekunden, in denen sie mit sich selbst beschäftigt ist, fehlen ihr allerdings in manchen Szenen und können gefährlich werden."

Vivien Endemann ist für Högner ein Positiv-Beispiel

Elmazi zählt zu den Top-Talenten der SGS Essen und gehört genauso wie Torhüterin Sophia Winkler, Rechtsverteidigerin Beke Sterner, Defensivallrounderin Katharina Piljic, Spielmacherin Natasha Kowalski und Flügelspielerin Lilli Purtscheller (alle 20) zum herausragenden 2003er-Jahrgang. Sie alle gelten als Spielerinnen, die es weit bringen und in Zukunft zu einem Großklub schaffen könnten. Wenn es aber nach Högner geht, sollte jeweils gut abgewogen werden.

Für den nächsten Schritt, meint er ganz allgemein, müsse schließlich der richtige Zeitpunkt gewählt werden. Ein passendes Beispiel sei Vivien Endemann. Die Außenstürmerin war zwei Jahre für die SGS aufgelaufen, ehe sie im vergangenen Sommer zum VfL Wolfsburg wechselte. In den zurückliegenden Monaten startete sie teilweise anstelle von Nationalspielerin Jule Brandt, sammelte bemerkenswert viele Spielminuten. Für Högner keine große Überraschung.

"Sie hat sich toll entwickelt, war sehr akribisch, hat neben dem Platz viele Einheiten im Kraftraum oder mit einem Schnelligkeitstrainer absolviert und war dann so reif, um nach Wolfsburg zu gehen", berichtet er. "Ich sage allerdings klipp und klar: Die Spielerinnen müssen dieses Level erst erreichen, ehe sie den nächsten Schritt gehen sollten. Es bringt nichts, wenn sie schon mit 19, 20 denken, dass sie bereit wären und dann bei einem Spitzenverein auf der Bank sitzen."

SGS-Trainer Högner kann in Ruhe mit seinen Top-Talenten arbeiten

Diese Beispiele gebe es ebenfalls. Und so gut das erste Halbjahr seiner SGS auch war - Högner erkennt noch reichlich Potenzial. Einerseits sollten die Leistungen im zweiten Saisonhalbjahr bestätigt werden, das Team dürfe - logisch - nicht nachlassen. Andererseits hat freilich jede Spielerin - egal, ob alt oder jung - in bestimmten Bereichen Verbesserungsbedarf. Mal auf rein sportlicher Ebene, mal mental.

Flügelspielerin Elmazi, die "einen guten Schuss, ein richtig gutes Tempo und viel Durchsetzungsvermögen" besitze und bereits viermal in der Liga traf, müsse beispielsweise - ebenso wie Piljic und Kowalski - daran arbeiten, "Situationen schneller abzuhaken", erklärt Högner. Den Beweis lieferte die Ligapartie gegen den SC Freiburg im vergangenen Dezember.

Positiv für den SGS-Trainer: Ohne überdimensional großen Druck kann er in den nächsten Wochen mit seinen Hochbefähigten arbeiten. Die 17 gesammelten Punkte geben Sicherheit. Außerdem ist er sich bewusst, dass Spielerinnen wie Winkler, Sterner, Kowalski, Purtscheller oder Elmazi Verträge über den Sommer hinaus besitzen. Und er auf vielerlei Erfolgsgeschichten aufmerksam machen kann, wenn es darum geht, Top-Talente für einen Verbleib oder einen Wechsel zu begeistern.

"Linda Dallmann, Lea Schüller, Jana Feldkamp oder Nicole Anyomi - das sind einige Beispiele", erinnert Högner an die seit langer Zeit bestens funktionierende Essener Talentschmiede. "Sie alle haben drei, vier, teilweise fünf Jahre bei der SGS gespielt und sich zu Nationalspielerinnen entwickelt. Dann sind sie zu einem größeren Klub gegangen. Zum richtigen Zeitpunkt und nicht überstürzt." So wie es aus seiner Sicht laufen sollte.

Leon Elspaß

Die Kapitäninnen der Frauen-Bundesliga 2023/24