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EM 2024, Deutschland, Volunteers: Die Helden im Hintergrund

Kolumne "Heimspiel - Mein Tag bei der EM"

Die Helden im Hintergrund

Damit die EM überhaupt sauber laufen kann, sind insgesamt 16.000 helfende Hände im Einsatz.

Damit die EM überhaupt sauber laufen kann, sind insgesamt 16.000 helfende Hände im Einsatz. IMAGO/Eibner

Plötzlich ist da diese große, rote Hand. Sie wackelt vor meinen Augen hin und her. Aber nicht bedrohlich, sondern wiegt sich wie eine Blume im lauen Sommerwind. Ein Volunteer hält sie fest und weist den Weg von der Haltestelle zum Stadion. Der Mann lächelt, und das ist kein Zufall, denn nahezu alle freiwilligen Helfer, die ich während des Turniers bisher getroffen habe, sind wirklich freundlich.

Und das keineswegs aufgesetzt. Sondern ungeschminkt fröhlich, weil sie einfach Spaß haben, auf ihre Weise an diesem kontinentalen Mega-Event in Deutschland teilzunehmen. Da sind wirklich echte Sonnenscheine dabei!

"Wir machen das fürs Erlebnis", lautet die einhellige Antwort, die man bekommt, wenn man mit den Damen und Herren, Mädels und Jungs spricht, und ihre strahlenden Gesichter verraten, dass das stimmt. Wofür auch sonst? Ein Essen pro Einsatz und ein paar Klamotten ebenso ein Abschiedsgeschenk und ein Dankeschön-Event, das ist ansonsten ihr Lohn, und das wussten sie ja auch, seit sie vor rund einem Jahr dem Aufruf gefolgt sind, sich als Volunteers zu melden. Direkt namentlich zitiert werden darf niemand von ihnen, aber auskunftsfreudig sind viele.

Eine sehr lange Liste an Aufgabenbereichen

Und so erfährt man von ihren zahlreichen Einsatzorten. Achtung, die Liste ist lang, aber durchaus interessant, um mal einzuordnen, was denn alles so rund um ein Spiel wichtig ist. Als da wären: Einlass an Eingängen und Parkplätzen (Neudeutsch: Access Management), Akkreditierungen für Journalisten, der Anti-Doping-Bereich, die Betreuung der Medien, die Zeremonien und Choreografien vorm Anstoß, das Catering, Fahrdienste, Fan-Infos (da fallen auch die mit den roten und grünen Riesenhänden drunter), die VIP-Versorgung, die Technik, Marketing, Social Media, Ticketing und noch viel, viel mehr.

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In Frankfurt berichtet eine junge Volunteer-Dame aus der Eifel mit einem Leuchten in den Augen, dass sie vorm Stadion den Mainzer Profi Brajan Gruda unter den Zuschauern gesehen habe, der fast noch in Julian Nagelsmanns Kader gerutscht wäre. "Hoffentlich bleibt er", sagt sie und meint ihren Herzensklub Mainz 05. Wird schwierig.

Nicht viel leichter ist es, sich im Dschungel der Hinweisschilder in alle möglichen Richtungen zurechtzufinden. Aber dafür sind ja die Volunteers da. 16.000 sind insgesamt im Einsatz, 1600 pro Standort. Ausgesucht aus 146.000 Bewerbern nach 25.000 digitalen oder persönlichen Befragungen. Sie kommen aus 124 Nationen, das Durchschnittsalter beträgt 36,8, die Altersspanne erstreckt sich von 18 bis 89 Jahren. Und für viele von ihnen, rund zwei Drittel, ist es nicht der erste Einsatz bei dieser EM, sondern sie waren schon bei einem vorherigen Turnier oder im Europacup im Einsatz.

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Ein Dank auch an Ordner, Sanitäter und die Polizei

Besonders glücklich sind die, die im Medien- oder generell im Stadionbereich eingesetzt werden können, sie erleben viel mehr als die Kollegen im Außendienst. Zwischendurch gibt's Briefings und auch mal Leerlauf, "weil unser Bereichsleiter nicht genau wusste, wo wir nun hinsollten".

Die Volunteers - echte Helden im Hintergrund also, aber nicht nur sie: Meine persönlichen Favoriten im Helden-Ranking sind die Mitarbeiter des Dortmunder Stadions, die - selbst klitschnass wie Katzen - mit Besen und "Flitschern" versuchten, den Wassermassen Herr zu werden, die da vom Dach runterflossen wie die Niagarafälle, um Fotografen die Arbeit zu ermöglichen oder Zuschauer vor dem "Ertrinken" zu bewahren. Respekt.

Polizeikräfte bei der EM

Auch die Polizei zeigt sich stets präsent und hilfsbereit - und hat nicht immer einen leichten Job zu erledigen. IMAGO/Jan Huebner

Der gebührt natürlich auch den Ordnern und Sanitätern rund um ein Spiel, auf die möglicherweise bei nun zunehmender Hitze auch noch manche Kreislauf-Aktivierungseinsätze zukommen werden. Und - nicht zu vergessen, auch die Polizei hilft. Das ist gewiss nicht immer ein Traumjob, wenn man teils pöbelnde, teils sogar wie in Gelsenkirchen passiert randalierende Fans im Zaum halten muss. Die Polizisten arbeiten hoch konzentriert, ohne dabei unnahbar zu wirken.

Als in Frankfurt vorm Bahnhof jedoch Fans dauernd mit ihnen abklatschen wollten, zeigten sie professionelle Distanz und ließen sich nicht aufs Glatteis führen. Gut so! Sie sorgen für unsere Sicherheit und begeben sich teilweise in Gefahr. Dafür mal ein Dankeschön. Auch das ist EM.

Thomas Böker

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