Als eine junge, spielfreudige türkische Mannschaft die DFB-Auswahl im November bei Julian Nagelsmanns Heimpremiere mit 3:2 bezwang, ließ sich schon erahnen, dass diese auch ein paar Monate später bei der EM in Deutschland Spaß verbreiten würde. Dass sie es am Dienstag beim 3:1 gegen Underdog Georgien tatsächlich tat, war dennoch keine Selbstverständlichkeit.
Schließlich hatten die Türken in den fünf Spielen zwischen Berlin-Coup und EM-Auftakt nicht gewonnen, und der Druck, gegen den Weltranglisten-75. Georgien bloß nicht zu stolpern, war riesig. "Wir mussten gewinnen - und wir haben gewonnen", erklärte Kapitän Hakan Calhanoglu hinterher erleichtert. Mit Traumtoren legte seine Mannschaft, unterstützt von rund 50.000 türkischen Fans im 62.000 Zuschauer fassenden Dortmunder Stadion, einen Turnier-Auftakt hin, wie ihn die Türkei noch nicht erlebt hatte.
Im sechsten Anlauf startete der WM-Dritte von 2002 erstmals bei einer EM mit einem Sieg. Die Chance, zum ersten Mal seit 2008 die Gruppenphase zu überstehen, ist nun groß. "Beim letzten Turnier haben wir nicht mal einen Punkt geholt", erinnerte Trainer Vincenzo Montella. "Unser erstes Ziel war, dieses Spiel zu gewinnen. Jetzt träumen wir vom nächsten Sieg - und von der K.-o.-Phase."
Es reicht nicht zu sagen, die Unterstützung war großartig. Sie war mehr als das.
Arda Güler
Im vielleicht mitreißendsten Spiel der bisherigen EM - die Türkei hatte 22 Torschüsse, Georgien 14 - stach Arda Güler heraus. Der 19-jährige Flügelstürmer von Real Madrid versenkte den Ball nicht nur zum zwischenzeitlichen 2:1 im Winkel, sondern kreierte gleich fünf Chancen für seine Elf, was so jung seit EM-Daten-Aufzeichnung von Opta (1980) nur die damals 18-jährigen Wayne Rooney (England, 2004 gegen Kroatien) und Pedri (Spanien, 2021 gegen die Schweiz) geschafft hatten. Und er löste Cristiano Ronaldo als jüngsten Spieler ab, der bei seinem EM-Debüt traf.
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"Mir geht es nicht um persönliche Erfolge", betonte Arda Güler, nachdem ihn die UEFA auch noch zum Spieler des Spiels gekürt hatte. Vielmehr dachte er an die Fans, für die ihm die Worte ausgingen ("Es reicht nicht zu sagen, die Unterstützung war großartig. Sie war mehr als das."), und an seinen Trainer: "Wir wollten ihm dieses Geschenk machen." Montella, seit Samstag 50 Jahre alt, bedankte sich artig: "Es war ein perfekter Geburtstag und wirklich das schönste Geschenk, das man mir machen konnte."